Eine Zahnspange zu tragen ist heute nichts Besonderes mehr. Zahnspangen sind nicht nur auf Schulhöfen ein gewohnter Anblick, auch Erwachsene zeigen sich immer häufiger mit dem einst geschmähten Utensil. Der alltägliche Umgang mit der Zahnspange mag mitunter lästig sein, doch die Mühe lohnt sich – Sie können sich anschließend ein Leben lang über schöne Zähne freuen. Doch wie sind Zahnspangen im Alltag zu handhaben und was ist zu beachten?
Das weiß niemand besser als Dr. Katalin Schmidmer. Die renommierte Kieferorthopädin hat in ihrer Münchner Praxis täglich mit Jugendlichen und Erwachsenen zu tun, die eine Zahnspange tragen – denn das ist ihr Spezialgebiet. Sie kann alle Fragen rund um das Thema Zahnspangen kompetent beantworten und hat für info Medizin ein paar Tipps zusammengetragen.
Sowohl bei herausnehmbaren, als auch bei festsitzenden Zahnspangen ist eine Gewöhnungsphase einzuplanen. Anfangs kann die feste Zahnspange unangenehm sein, so könnten möglicherweise leichte Zahnschmerzen auftreten. Mit den neuen, modernen Techniken auf dem Gebiet der Multibandtherapien (sog. „SL-Bracketsysteme“) sind die einzusetzenden Kräfte jedoch sehr geringfügig, sodass „echte“ Schmerzen gar nicht mehr auftreten. „Vielmehr ist es so, dass die Patienten merken ,es passiert etwas im Mund‘“, so die Expertin.
Man sollte in den ersten Tagen allerdings auf harte Nahrungsmittel verzichten, welche die Zähne beim Kauen in Kombination mit der neuen Zahnspange überbelasten und deswegen Schmerzen verursachen könnten. Der Einsatz von Schmerzmitteln ist selten notwendig. Kinder können sofort in die Schule gehen.
Anders ist es bei den veralteten festsitzenden Multiband-Techniken, die von den gesetzlichen Krankenkassen und der Beihilfe bezahlt werden. Bei diesen Techniken müssen größere Kräfte angewendet werden, um die Zähne bewegen zu können - das spürt der Patient merklich. Hier dauert die Eingewöhnungsphase länger, die Schmerzen sind größer und leichte Schmerzmittel daher tatsächlich empfehlenswert. Dr. Schmidmer empfiehlt daher, den behandelnden Kieferorthopäden nach den schonenden, festsitzenden Behandlungs-Techniken zu fragen, die zwar nicht von der gesetzlichen Krankenkasse übernommen werden, jedoch eine sinnvolle Investition in eine wesentlich schonendere Behandlungsmöglichkeit darstellen.
Tipp der Expertin:
„Bei Einsatz festsitzender Zahnspangen, die auf älteren Behandlungstechniken beruhen, muss man ggf. auf Schmerzmittel zurückgreifen und unbedingt harte Lebensmittel meiden.”
Auch an herausnehmbare Zahnspangen muss sich der Patient gewöhnen. Dr. Schmidmer rät dazu, diese unbedingt auch tagsüber zu tragen, um sich an sie zu gewöhnen und nicht in der Nacht im Schlaf unbewusst herauszunehmen. Die Aussprache bei herausnehmbaren Spangen ist merklich eingeschränkt. Dies kann man mit der Zeit durch Übung jedoch verbessern. Schmerzen bei herausnehmbaren Zahnspangen treten in der Regel nur
auf, wenn der Patient sie nicht gemäß den Anweisungen des Kieferorthopäden trägt. Bei regelmäßigem Tragen von 14 bis 16 Stunden täglich merkt der Patient nach einiger Zeit gar nicht mehr, dass er eine Zahnspange trägt.
Der Mund muss sich zunächst an den neuen Fremdkörper gewöhnen. Mitunter kann sich die Mundschleimhaut durch die ungewohnte Reibung an der Zahnspange entzünden – hier hilft Spülen mit Salbei- oder Kamillentee. Druckstellen im Mund lassen sich vorübergehend mit Silikonwachsstreifen über den Brackets mildern. „All das mag zunächst abschreckend klingen. Doch diese anfänglichen Schwierigkeiten gehören schnell der Vergangenheit an und der Patient vergisst bald gänzlich, dass er eine Zahnspange trägt”, weiß Dr. Schmidmer aus langjähriger Erfahrung.
Tipp der Expertin:
„Bei Druckstellen und Wunden Silikonwachsstreifen verwenden und mit Salbei- oder Kamillentee spülen. Auf säurehaltige Getränke verzichten.“
Die richtige Reinigung von Zähnen und Zahnspange ist essenziell. Festsitzende Zahnspangen erschweren die Mundhygiene, denn um die Brackets herum bildet sich vermehrter Zahnbelag. Wird dieser nicht entfernt, greifen Bakterien, die sich im Zahnbelag befinden, den Zahnschmelz an, demineralisieren und zerstören diesen. Die bleibenden Zahnschäden sind irreversibel und sollten deswegen unbedingt durch eine gründliche Zahnpflege verhindert werden. Deshalb sollten die Zähne möglichst nach jedem Essen mit fluoridhaltiger Zahnpasta und elektrischer Zahnbürste gründlich gereinigt werden. „Man sollte mindestens 10 Minuten dafür einplanen”, betont Dr. Schmidmer. Zur Reinigung der Zahnzwischenräume ist Zahnseide zu empfehlen. Für die Zahnoberflächen unter dem Bogen (Draht) ist eine Interdentalbürste gut geeignet. „Das wichtigste ist, die Zahnbeläge abends mit Plaque-Färbemitte einzufärben, um diese sichtbar zu machen. Nur so ist eine gründliche Reinigung möglich“, erklärt Dr. Schmidmer.
Wer eine herausnehmbare Zahnspange trägt, sollte diese mit Zahnpasta und Zahnbürste genauso wie die Zähne reinigen sowie ab und zu Reinigungstabletten verwenden. „Der Kunststoff einer Zahnspange ist übrigens nicht hitzebeständig und würde sich in kochendem Wasser verformen”, warnt Dr. Schmidmer. „Hier reicht gründliches Abbürsten unter fließendem Wasser.”
Tipp der Expertin:
„Genug Zeit für die Reinigung nach jedem Essen einplanen: elektrische Zahnbürste, Zahnseide, Zahnzwischenraumbürsten und Plaque-.Färbetabletten jeden Abend verwenden. Für Kinder und Jugendliche: Zur Mitnahme in der Schultasche unbedingt eine normale Reise- oder Handzahnbürste einpacken.“
Zahnspangenträger sollten den Konsum von Speisen und Getränken mit hohem Zuckergehalt unbedingt vermeiden, denn Zucker wandelt sich im Mund zu Säuren um, die den Zahnschmelz angreifen. Besonders klebrige Süßigkeiten wie Kaugummi, Karamellbonbons oder Gummibärchen sind absolut tabu. Vorsicht ist auch bei harten Lebensmitteln geboten. So ist es z. B. ratsam, einen Apfel in kleine Stücke zu schneiden – beim Abbeißen könnte die Zahnspange beschädigt werden. Nüsse, knusprige Kekse und andere harte Nahrungsmittel sind verboten, sie zerstören die Zahnspange ausnahmslos.
Tipp der Expertin:
„Auf klebrige, sehr zucker- und säurehaltige Lebensmittel sowie Nüsse und ähnliches verzichten. Hartes Obst und Gemüse wie Äpfel oder Karotten in kleine Stücke schneiden.”
Dr. Katalin Schmidmer ist Fachzahnärztin für Kieferorthopädie und leitet eine kieferorthopädische Praxis in München. Erfahren Sie mehr über Dr. Katalin Schmidmer und ihre kieferorthopädische Praxis in München: www.kieferorthopaede-muenchen.com
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